Dienstag, 15. September 2009

Der Wein, die Pfalz und Semeles Sohn

Der Wein, die Pfalz und Semeles Sohn
HARXHEIM: Dionysos-Ensemble mit Klassikern
Von Sven Günther

„Wein" war das Thema des Liederabens, „Cool Britannia" dagegen das Motto des Kultursommers Rheinland-Pfalz, in dessen Rahmen das Dionysos-Ensemble im Weingut Janson-Bernhard gastierte. Trotz dieses „Thema verfehlt" war das Publikum begeistert.
„Auf immer für den Wein' - dieses Leitmotiv eines Gesangsabends mit klassischer A-capella-Musik hat es naturgemäß schwer, wenn das Motto des dazugehörigen Rahmens „Cool Britannia" lautet. Dass es dem Dionysos-Ensemble im vollbesetzten Gewölbekeller des Weinguts Bernhard-Janson am Sonntagnachmittag dennoch gelang, das Publikum zu begeistern, lag denn auch nicht an den wenigen englischen (Alibi?-)Liedeinsprengseln, sondern an der Strahlkraft der zwei Tenöre (Stefan Ehmann, Ingo Wackenhut) und zwei Bässe (Thomas Herberich, André Uelner), die wirkmächtig klassische Männerchorliteratur feinster Art intonierten.
Gewürzt wurden die Liedvorträge immer wieder mit literarischen Anekdoten und Gedichten über den Wein, die Pfalz oder den Namensgeber des Ensembles, den Gott Dionysos. Die Fremdgehlust seines Vaters Zeus, der ihn nach dem blitzartigen Tod der Mutter Semele im Oberschenkel austrug, wurde im von Ehmann verfaßten Hymnos „Dionysos, der Gott des Weines" karikiert und paarte sich so geschickt mit Trinkliedern à la „Der Luther pries die Weiber" oder „In vino veritas". Doch auch anderen deftigen Culinaria versagten sich die vor Lebenslust geradezu sprühenden Deklamatoren nicht: Ob sie nun dem „Pfälzer Speisezettel", hauptsächlich aus „Krautsalat und Gequellte" bestehend, oder dem „Pfälzer Weinknorz", natürlich mit einem Schoppen Wein, huldigten, stets konnte sich das Quartett der Beifallsstürme gewiss sein.
So verliehen die Sänger auch klassischen Stücken wie Robert Schumanns „Der Zecher als Doctrinair" oder Friedrich Silchers nachdenklichem „Hab oft im Kreise der Lieben" ihre „Weinadelung" oder präsentierten das bekannte „Ich hab mein Herz in Heidelberg verloren" in frischem Gewand. So störte es denn auch wenig, dass sich die immer wieder von ihnen selbst angemahnten „englischen" Lieder auf einige frivole Liebesabenteuer König Edwards III. beschränkten, die jedoch in Sangeskunst und Ausdrucksfähigkeit dem tragisch und dennoch ironischem Tod des dauerbetrunkenen „Kurfürsten Friedrich von der Pfalz" in nichts nachstanden. Insofern fiel die Gegengabe für den tosenden und fulminaten Schlussapplaus mit drei Zugaben, darunter einer feinsinnigen Interpretation des Beatles-Songs „Yesterday", dann doch versöhnlich zum Kultursommermotto „Cool Britannia" aus.

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